My parties

Der erste Mai beginnt wie jeder Tag, erstmal werden die Möpse ausgeführt.
Im Vorgarten bücke ich mich, und sammle die Samen des Löwenzahns in eine kleine Tüte.
Die kriegt der Penner von der CDU, der um die Ecke wohnt, gleich in seinen Vorgarten.
Auch so einer, der alle Pflanzen rausreißt und eine Fuhre Kies vors Haus karren lässt.

Porsche bin ich unfassbar wenig gefahren.
Wenn man nirgendwo hin muss, kann man da ja auch langsam hinfahren.
Die Pandemie hat meine Umtriebigkeit tüchtig reduziert.
Heute aber muss ich zum Finanzamt, einen Brief einwerfen.

Leere Straßen, früh am Morgen.
Porschezeit.
Das haben die schon gut gemacht, denke ich.
Behaglich von den dicken Backen des Sportsitzes gehalten, leicht von der Vibration des Motors gewiegt, glasklarer Klang aus den Boxen.

Das legt sich wie Valiumbalsam um mein Gemüt.
Ich hatte schon mehrfach gedacht, der Zeitpunkt, ihn zu verkaufen, sei gekommen.
Brauche ich nicht mehr, Klimakrise, die Zeiten sind vorbei.
Während ich etwas schneller als nötig die Kurven nehme, verwerfe ich diesen Gedanken.

Frau muss dem Leben doch jedes Quäntchen Glück aus den Rippen leiern, das sie kriegen kann.
War jetzt eh nicht so dolle, mit dem Glück, in letzter Zeit.
„Ticket to Heaven“ chachachat aus den Boxen, natürlich dürfen die Straits nicht fehlen.
Alles ist gut.

Das dicke Heck wedelt folgsam fröhlich durch die zahllosen Kreisverkehre auf dem Rückweg.
Das nächste Lied ist „My Parties“
Waaaaah, was singt er da?
„Now don’t talk to me about the polar bear
Don’t talk to me about ozone layer
Ain’t so much of anything these days, even the air
They’re running out of rhinos
What do I care?“

30 Jahre alt, der Song.
Den armen Polarbären geht es schlechter als damals und ich krieg Glück nur auf die Straße, wenn ich im Klimakiller-Car hocke?
Fucking hell, was für eine Bankrotterklärung.



Anne´s got the Blues

Der letzte Ostertag ist sommerlich warm, am Abend liegt die Landschaft in goldenem Licht.
Ich bin auf der Rückfahrt aus Düsseldorf, zügig fahre ich die Kurve hinter der Brücke über den Rhein, der Elfer klebt am Asphalt.

Sauber kommen die ersten wehmütigen Töne von Mark Knopflers Gitarre und umhüllen mich von allen Seiten. You and your friend.
Der Sound passt zu den abendlich leeren Straßen, und unverhofft reißt es mich.
Schwermütig muss ich an die Touren denken, die der Dr. und ich am Anfang abends oft gemacht haben.

Tränen steigen in meinen Augen auf, es hätte so gut sein können, und ist so epochal gescheitert…

Als ich meine Ausfahrt erreiche, nehme ich den längeren Weg nach Hause.
Ich will noch etwas über die Landstraßen jagen.
Aber vor mir in den Wagen sitzen müde Familienväter am Steuer, und bremsen die traurige Frau auf das vorgeschriebene Tempolimit ab.

Kurz nachdem ich wieder daheim bin, schickt der Porschebruder ein Bild nebst Tonaufnahme seiner roten Schönheit.
Geschwister im Geiste…

What becomes of the broken hearted?

Samstagabend.
Das Lächeln verschwindet aus dem Gesicht des großen Jungen mit den sanften braunen Augen, als ich ihm die Tür öffne.
Er sieht sofort, dass ich geweint habe.

Eigentlich hatte er kommen sollen, um bei den Hunden zu bleiben, während ich zu dem Mann wollte, in den ich mich verliebt hatte.
Nachdem ich ihm erzählt hatte, was passiert ist, wurde er nachdenklich und sagte vorsichtig: „Ich finde, Du solltest Porsche fahren.“

Erschöpft und traurig sah ich ihn an.
Da sagte das weise Kind mit dem Benzin im Blut: „Setz Dich in den Elfer und fahr, bis es Dir wieder besser geht.“

Ich habe ihn mitgenommen.
So fuhren wir durch die Nacht, der siebzehnjährige Autoenthusiast und die achtundvierzigjährige Frau ohne Glück in der Liebe.
Badeten abwechselnd im Sound von Motor und Bose, genossen die Straßenlage, feierten die Beschleunigung.

Klappe auf, Musik an, Lichter der Stadt, in den Sitz gepresst, schnell durch die Kurven.
Der Schmerz draußen, außerhalb des Kokons aus Zuffenhausener Perfektion.
„Boah Anne, das tut so gut!“
„Ja.“

 

 

One look is all it takes

Sonntagnachmittag.
Untypisch warmes und sonniges Oktoberwetter.
Ich nehme den Porsche, um zu meinem Date zu fahren.
Dating und Porsche… die Geschichte kommt ein anderes Mal.

Noch bevor ich die Autobahn erreiche, sehe ich ihn auf der rechten Spur.
Einen schwarzen Targa, auch gefahren von einer blonden Frau.
An der Ampel kommen wir nebeneinander zu stehen.
Ich blicke hinüber und grinse breit.

Natürlich guckt sie auch.
Mehr ist nicht nötig.
Diese Übereinkunft, die keine Worte benötigt.
Satter Gleichklang.

12 Männer und 12 Hunde unterwegs im Porsche durch Kalifornien

26. Dezember, Porschewetter.
Die Straßen sind trocken und es ist warm genug, um die Sommerreifen fahren zu können.
So schwül es im Sommer oft bei uns ist, so mild sind die Winter im „Kalifornien NRWs“.

Der Carrera und ich sind unterwegs zur traditionellen Weihnachtsabschluss-Party bei meinen Freunden.
Er kennt die Strecke und ich lasse meinen Blick beim Fahren schweifen.
MON-EY lese ich auf dem Kennezeichen eines schwarzen Mercedes.

Kann man machen, muss man aber nicht, denke ich.
Der Mann am Steuer passt zu seinem Kennzeichen, leider ist er kein begnadeter Fahrer.
Kurz danach lenkt mich eine flott durchfahrene Kurve ab.

Huah!
„Das war aber etwas flott!!“ flüstert mein innerer Angsthase.
„Scheiß drauf“ antwortet die wilde Frau in mir, „dafür sind diese Autos schließlich gebaut.“

Optimal gebaut ist auch des Elfers Ablage unter der Heckscheibe.
Mein traditionells Geschenk (jedes Jahr schenken mir die Gastgeber einen Kalender) passt perfekt:
Dieses Jahr: 12 Männer mit muskulösem Oberkörper (alle haben zufällig Ihr T-shirt verlegt…) und Hund.

2018, ich bin bereit!

 

 

Smells like Teen Spirit

Er hat einen Carrera 4S und einen Cayenne GTS und einen Riesenpool hinterm Haus.
Ich kenne ihn nicht persönlich, aber sein Haus liegt auf der Route, die ich mit den Hunden immer nehme.
Neulich sah ich ihn zum ersten Mal außerhalb des Porsches.

Er war groß und hatte eine coole Jacke an.
Man hätte denken können, er ist ein toller Typ.
Als ich seinen Briefkasten erreichte, vor dem er gestanden hatte, konnte ich es nicht fassen.

Es lag ein intensiv süßlicher Teenie-Mädchenparfum-Vanilleduft in der Luft.
Er muss sich unglaublich viel von dem Zeug draufgekippt haben.
Gerüche lösen in uns sehr schnell Emotionen aus.
Was in aller Welt wollte Porschemann damit erreichen?

Gibt tonnenweise Geld aus, um den Nimbus der coolen Sau hinzubekommen, und dann riecht er wie ein Mädchen?
Nicht dass Mädchen per se uncool sind, aber solche die Vanille-Überdosis-Cremes auf ihre 13-jährigen Körper schmieren, irgendwie schon.

Immer, wenn er jetzt den machtvollen Sound seines Elfers in seiner Auffahrt erklingen lässt, muss ich grinsen.
In der Karre riecht es nicht nach Benzin und Leder, sondern nach Arbeitsunfall in der Vanillekipferl-Fabrik: Mann in Backmischung gefallen.

 

 

Faraday-Porsche

In den letzten Tagen hat Murphys Gesetz sich bei mir breit gemacht.
Freitag der letzten Woche war der 13. und als wolle mich jemand davon überzeugen, dass es Unglückstage wirklich gibt, reihten sich die Unerfreulichkeiten nur so aneinander.

Als ich gestern zur Arbeit aufbrach, war das Leben noch immer doof.
Aber immerhin warm und trocken, daher kam der Porsche mit.
Und als ich über die morgendlich dunkle Autobahn fuhr, legte sich zum ersten Mal seit vier Tagen Ruhe über meine Seele.

Ich saß in meinem schwarzen Kokon,
eingepackt in den Sportsitz, umhüllt vom Klang der Anlage.
Drinnen Bose, draußen das Böse.
Als trenne die Flyline die Einflüsse der Mitmenschen vom Innenraum.

Der Sportwagen als sicherer Hafen, als Mutterschoß, in den Frau sich flüchtet.
Take that, Porsche-Marketingabteilung!

Joyride

Video

Wir haben den dritten Oktober und mir ist zum ersten Mal in diesem Jahr langweilig.
Ich hatte vergessen, was das für ein nerviges Gefühl ist.
Am frühen Nachmittag trocknen die Straßen endlich ab, es stellt sich doch noch Porschewetter ein, und ich greife nach dem Elferschlüssel.

Ich muss nirgendwo hin.
Wobei, so kann man das nicht sagen, schließlich bin ich nicht ziellos unterwegs, denn es zieht mich auf leere, kurvige Landstraßen in die Gegend meiner Kindheit.
Ich bin nicht die einzige Lustfahrerin heute.

Als ich auf die A46 fahre, kommt von rechts der nächste Porsche.
Dieses kurze wissende Begrüßungsgrinsen und schon fangen wir an, auf der Bahn ein bisschen Unsinn zu machen.
Irgendwann fährt er ab und ein Lotus übernimmt.

Blick, Grinsen, Gas.
Im Tunnel beschleunigt er weit in den führerscheingefährdenden Bereich, und es klingt gut.
Kindliche Freude, angesichts des Memento mori der nahenden Winterzeit.

Über Serpentinen geht es hinab ins Neandertal.
Ausflüglerrummel bremst mich aus, nur weg hier.
Steil geht es Richtung Wuppertal hinauf, der Carrera nimmt die Höhenmeter freudig.

Felder erstrecken sich neben der Landstraße, die Bäume sind schon herbstlich gefärbt.
Die schwarze Schönheit klebt zuverlässig auf dem Asphalt und mein Herz wird immer leichter.
Irgendwann ist die Strecke nach Wuppertal gesperrt und ich biege zurück ins Rheinland ab.

Das Wetter ist etwas instabil und ich beschließe, die Tour zu beenden.
Zwei kleine Jungen stehen mit ihren Fahrrädern an der Straße, als ich mein Haus fast erreiche.
Ihr Blick klebt fasziniert an meinem Heck, als ich schmunzelnd zum Sender für das Garagentor greife.

Müde und erholt zugleich bleibe ich noch einen Moment neben dem warmen, knisternden Porsche stehen.
Dann schließe ich das Tor und gehe mit einem „the cat that got the cream-Blick“ ins Haus.

 

Pushing Porsche via Influencers

Ja, die deutsche Autoindustrie hat in letzter Zeit Gründe, ihr Image zu optimieren.
Und ja, es ist erstrebenswert die Käufer von morgen frühzeitig an eine Marke zu binden.
Und ja, ja Tesla pusht die Marke auch über Influencer.
(Musks Verkäufer geben sich wenigstens Mühe mit den Kaufwilligen.)

Aber Porsche sucht sich dafür unfassbare Leute aus.
(ab Minute 14:30) https://www.youtube.com/watch?v=0qyH2DW3buY

Porsche, meint Ihr das ernst?
Klicks sind doch nicht alles!
Die Klickenden müssen doch zumindest so bildungsnah sein, dass eine reelle Chance existiert, jemals ausreichend Gehald bezahlt zu bekommen, um sich einen Porsche leisten zu können!

So verzweifelt kann Porsche doch nicht sein.
Da wird seit Jahrzenten ein edles Image gepflegt und dann das.
Ich bin fassungslos.
Und etwas unglücklich, wenn ich daran denke, was da in meiner Garage steht.

Mercedes „Grow up“ – Kampagne finde ich etwas bemüht.
Porsche hingegen scheint mit seiner befremdlichen Influencer-Auswahl eher „grow down“ anzustreben.

 

Work hard play harder

Alkohol zählt nicht zu meinen Lastern.
Ich trinke nur sehr selten und nie viel.
An einem wunderbaren Sommerabend sitze ich alleine zuhause.
Der Dr. aaaaaarbeitet.

Die Götter wollen, dass man an solch einem Abend eine Tour im offenen Porsche macht.
Der steht aber auf dem Krankenhausparkplatz.
Mist.
Aus lauter Frust verfalle ich den Drogen:
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Und höre Country.
Willie Nelsons „Crazy“ läuft im Radio.
Meine Denkfähigkeit nach einem Drittelglas Blaubeercidre sinkt mit der Sonne um die Wette.

Schönes Sommerabendlicht.
Das schreit nach schnellen Kurven in schöner Landschaft.
Verdammte Erwerbstätigkeit.
Warum bin ich nicht die (Lebe)Frau eines Lebemannes?

Gott, warum trinken Menschen?
Warum trinke ich?
Echt nicht meine Droge.
Kein angenehmes Gefühl, auch nicht alles egal oder alles lustig…

Ich glaub, ich kippe den Rest des Glases weg und zwinge den Dr., wenn er gleich nach hause kommt, noch eine Runde mit mir zu fahren.
Meine Droge ist und bleibt
das Porschefahren.