Alte Säcke

Meine Mutter hat früher immer gesagt, dass man entweder die Reaktionszeit für einen Sportwagen hat, aber noch nicht das Geld, oder man hat es endlich und ist dann eigentlich zu alt, ihn zu fahren.
Das war ihre Version vom Volksglauben, dass Sportwagen meist von (zu) alten Männern gefahren werden.

Der Porschebruder und ich wurden nur einen Woche nacheinander geboren, da überrascht es nicht, dass wir neulich in derselben Woche zu Kreuze kriechen, und uns eine Lesebrille anschaffen mussten.
Wir sind jetzt offiziell uncool und alt genug für unsere Porsches.

Schlimmer geht es aber immer.
Da stand ich heute Morgen frierend, da nicht warm genug angezogen, mit Mops an der Leine, als der wirklich schlimme alte Sack mit Donnergrollen um die Ecke gebogen kam.
Ich weiß nicht, wie man diese Autos nennt.

Es sah aus wie ein Pick up mit überdachter Ladefläche auf extrem hohen Rädern.
Es klang wie eine sehr laute, sehr fette Harley gekreuzt mit einem muscle-car.
Ich glaube mein Mund stand offen, weil das Ding eine derartig absurde Erscheinung am frühen Morgen auf der gut ausgebauten Wohnstraße war.

Wie ein Panzer bewegte sich der Klotz auf den Parkstreifen und passte mit Mühe in die Lücke.
Während der Mops schnüffelte, beobachtete ich missbilligend den Fahrer.
Die Haut bereits erschlafft, hatte er sich für Camouflage-Hosen entschieden.
Außer im Krieg immer eine schlechte Idee.

Selbst sein 17 jähriger Sohn wäre in den Klamotten nicht gut angezogen gewesen.
Dann das verlebt-schlaffe Gesicht und diese furchtbare Klein-Penis-Karre…
Was ist da nur alles schief gelaufen?
Bro, sehen wir auch so peinlich aus, wenn wir aus unseren Porsches steigen?!

Karma-Police, arrest this man!

 

Do kanns zaubere

Der Mercedes steht bei Mercedes.
Injektoren und Kabelbäume müssen ersetzt werden.
Glück im Unglück, ist wohl eine Kulanzleistung, ansonsten wärs teuer geworden.
Unglück im Glück, der Porsche muss einige Tage als Dienstwagen arbeiten.

Und ich muss nach Duisburg.
In dieses richtig üble Viertel.
ICH KANN IHN DA NICHT ALLEINE STEHEN LASSEN!!!
Das erkläre ich heute Morgen sehr früh der verdutzten Küchenmitarbeiterin des Kunden, die ans Telefon gegangen war, weil alle anderen gerade beschäftigt waren.

Ich flehe sie an, mir einen Platz im Hof mit Stühlen zu blockieren.
Als ich mittags den Elfer durch die Einfahrt bugsiere, tut mein Herz einen erleichterten Hüpfer beim Anblick der zwei Plastikstühle auf einem der sicheren Parkplätze.
Stühlchen weg, Porsche hin, ich bin arbeitsfähig.

Als ich fertig bin, parke ich aus, während rauchende Mitarbeiter interessiert zusehen.
Und sich vermutlich fragen, warum sie nicht meinen Job haben.
Der finanziert zwar nicht wirklich Sportwagen, aber das wissen die ja nicht.

Direkt vor der guten türkischen Bäckerei ist ein Parkplatz frei.
Der Dr. mag die Sesamringe dort so gerne, also halte ich an.
Während ich auf meiner Fuchsfelgen-Werbeparkscheibe die Zeit einstelle, bleibt der erste türkische Mann stehen und guckt zu mir ins Auto hinunter.

In meiner Phantasie ist er von Beruf Schutzgelderpresser und hat deshalb Tagesfreizeit, in der er missmutig in fremde Sportwagen gucken kann.
Na super, denke ich und falte meine 1.73 aus dem Sitzen zum Stand.
Hoffentlich geht es schnell beim Bäcker.

Zappellig trete ich von einem Bein aufs andere und versuche an türkischen Backwaren vorbei den Porsche durchs Schaufenster zu überwachen.
Man hört von diesem Viertel irgendwie immer nur im Zusammenhang mit „Polizeieinsatz“.
Geschafft! Die Backwaren sind gekauft und ich steige unter den interessierten Blicken von Männergruppen in Baseballkappe mit irre flackerndem Blick wieder ein.

Die Sonne bricht durch das Februargrau, ich mache ich auf den Weg nach Hause.
Die Sportsitze kuscheln mich und im Radio erklingen die ersten zarten Akkorde von „Do kanns zaubere“.
Alles ist gut in meinem zauberhaften Porsche.

Valentinstag im Porschefahrerhaushalt

Wir waren romantisch.
Draußen war furchtbar ungemütliches Wetter und da unser Mitarbeiter uns mit Netflix infiziert hat, haben wir am Vormittag Extremcouching gemacht.
Erst ein Film über Margaret Thatchers Leben (Vorbereitung auf den London-Trip), danach einer über Jackie Stewart.

Dabei haben wir die herzförmigen Salzbrezeln gegessen, die ich gekauft hatte.
Nachmittags haben wir etwas nur auf den zweiten Blick Romantisches getan.
Wir haben unsere Patientenverfügung, Betreuungsvollmacht etc. ausgefüllt und unser Testament verfasst und die Hunde abgesichert, für den Fall, dass wir zusammen verunglücken.
Unser Leben liegt nun noch ein Stückchen mehr in der Hand des anderen.

Das sind keine leichtfüßigen Themen und nicht so schön, wie die Uhr, die der Dr. mir gekauft hat, aber diese Themen werden vielleicht eines Tages das Wichtigste überhaupt sein.
Wir fahren beide viel und der Dr. leider nach den Nachtdiensten auch oft übermüdet, da müssen solche Fragen einfach geklärt sein.

Nun hoffe ich, dass erstmal noch ganz viel Schönes kommt, bevor einer von uns beiden eines Tages bestimmen muss, dass beim anderen die Maschinen ausgeschaltet werden sollen.
In acht Wochen verreisen wir kurz nach unserem Dreijährigen das erste Mal zusammen.

P-O-R-S-C-H-E

Ich liege im Bett, weil ich mich vor lauter Rückenschmerzen nicht mehr bewegen kann.
Die Gartenarbeit…
Plock, plock, plock.
Whats apps in schneller Folge.

Das ist meist mein Porsche-Bruder.
Ich checke das Display.
Stimmt.
Porsche-Fotos.

Der Arme muss ja einen GT4 fahren.
Aufgrund seines verwirrten Geistes hat er sich keinen Elfer gekauft.
Auf den GT4 hat er heute seitlich „Porsche“-Aufkleber machen lassen.
Baby, Du weißt, ich liebe Dich wirklich, aber hättest Du nen Elfer gekauft, müsstest Du es nicht dran schreiben.

Der Elfer IST einfach Porsche.
Vom Knaben bis zum Greis hat sich die 911-Silhouette als Prototyp des Porsches ins Gehirn gefressen.
Natürlich bauen die inzwischen auch andere Modelle (würg… Macan…würg, würg…Panamera, schüttel Cayenne…), aber das sind in meinen Augen alles schlimme profitgiergesteuerte Irrwege.

Die besten Männer in meinem Leben haben leider einen etwas eigenartigen Porschegeschmack.
Nicht schlimm meine Lieblinge.
Omnia vincit amor!

Desperado

Oder eher Desperada?
könnte ich Spanisch, wüsste ich, ob weibliche Desperados „Desperadas“ sind.
Kann ich aber nicht.
Könnte mir da mal jemand weiterhelfen?

Ich verzweifele am Winter und höre Eagles.
Warum ist Mittwoch, warum regnet es seit gefühlten 9 Monaten?
Ich will Sommer.
Eifelstraßen.
Porschefahren.

Endlich wieder Motorsport am Ring…
Wie soll man im Februar nicht verzweifeln?
Irgendwie ist alles so weit weg.

Oldtimers talking dirty about the Briefmarkensammlung

Da steh ich heute in Dortmund in der Post (ja, bitter am Rosenmontag…!) und vor mir steht ein silberhaariger Senior.
Er will die Targa-Marken, was ich gut verstehen kann.
Die ebenso silbrige Postfrau teilt ihm mit, sie hätte noch welche, die seien aber nicht selbstklebend.

Mir fällt fast die Tasche aus der Hand als ich seine lüsterne Anwort höre:“Das ist in Ordnung, ich lecke ganz gerne mal. Höhö!“
Gefangen im Seniorenporno, bin ich gezwungen, mir das anzügliche Lachen der gelben Gerontin anzuhören.

Bäh!
Haben die Oldies keinen Tanztee im Seniorentreff, bei dem sie ihren dirty talk austauschen können?
Schlimm, was Porsche-Briefmarken alles anrichten können, die machen Deutschlands Alte ganz wunschig!

Darf ich Ihnen meine Briefmarkensammlung zeigen?

Ute hatte mich vor einer Weile darauf hingewiesen, dass es Targa-Briefmarken gibt.
Als heimlicher Targa-Fan war ich natürlich entzückt.
Ich hasse es, wenn ich im Büro hocken und Rechnungen schreiben muss, da kommt es natürlich gelegen, wenn Frau sich per netter Briefmarke etwas aufheitern kann.

Natürlich gab es in dem blöden Postamt hier in der Nachbarschaft schon keine mehr.
Gestern in Wuppertal hatte ich mehr Glück.
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Die Bögen sind richtig schön, mit dem Porsche im Hintergrund.
Und nicht diese neumodischen, selbstklebenden Marken.
Nein, schön old school, fieser Geschmack beim Lecken inklusive.

Heute kam mein Porsche endlich wieder aus der Garage.
Ich hatte einen Zahnarzttermin.
Dort habe ich erfahren, dass im Mai eine anderhalbstündige Sitzung fällig ist.
Und das, wo ich immer so eine Angst habe.

Auf der Rückfahrt hat mich der Porsche getröstet.
Die Sportsitze haben mich schön festgehalten und das war ausgesprochen beruhigend.
Wie jemand, der einem den Arm um die Schultern legt.
Balsam für die Seele.
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