Überdosis Kurven

Mein Weg führte von Vogelsang nach Eschauel.
Morgens war ich in die Eifel gefahren und hatte dort die sehenswerten Ausstellungen besucht.

Noch war das Wetter sonnig, und nach dem vielen Laufen war ich müde und wollte mich am Rursee ausruhen.
Kurvenfahren macht Spaß und sicher werden mich viele Porschefahrer aus flacheren Gegenden beneiden…

Es ging in einer Tour bergauf, bergab, Serpentinen, Kurven, Kurven, Kurven…
jedem Motorrad- und Porschefahrer sei die Gegend im Nationalpark Eifel, rund um den Rursee ans Herz gelegt, besonders in der Woche, wenn die Straßen leer sind.
As ich im Beachclub ankam, hatte ich eine richtige Überdosis vom intensiven Fahren.

Das letzte Stück ging es per pedes.
Absolute Stille.
Wunderbar, nach der intensiven Fahrt.
Kaum stand ich im Sand am Wasser, begann der Himmel seine Schleusen zu öffnen.
Ich trank meinen Kaffee zuende und macht mich auf den Rückweg zum Elfer.

Dicker warmer Sommerregen.
Die Luft roch einmalig sauber.
Gemütlich in den Schalensitz gekuschelt habe ich mich sehr zufrieden auf den Heimweg gemacht.

Dafür brauchst Du keinen Mann, Mädchen

Mit dem Satz hat mich 2012 meine Eifler Freundin aufgefordert, ruhig alleine zum Nürburgring zu fahren und mir dort alles anzusehen.
Heute Abend hatte ich großes Glück, wieder so ein „Dafür brauchst Du keinen Mann-Erlebnis“ zu haben.

Emotional recht wacklig auf den Beinen bin ich in den Porsche gestiegen,
in der Hoffnung, er könnte mein Herz leichter machen.
Leider hat man keine Garantie, dass sowas immer klappt.

Im Radio sang Brings: „Do häs jedach et Lääve hät ne Sinn
Alles weed jod, alles haut hin
Un häs do dann di Liehrgeld berappe müsse“
(Für die Nicht-Rheinländer: „Da hast Du gedacht, das Leben hätte einen Sinn. Alles würde gut, alles haut hin und hast dann Lehrgeld berappen müssen.“)
Passte mal wieder…

Aber es wurde unverhofft eine wunderschöne Tour!
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Mein Traumauto vor tollem Haus,
leider gehört nur das Auto mir,
den Rest habe ich mir fürs Foto geliehen.

Weiter gings am Rhein entlang,
da geht einer Rheinländerin ja ohnehin das Herz leicht auf.
Und plötzlich war ich an der Fähre, die ich mit dem Dr. so oft genommen hatte. Nur aus der anderen Richtung.

Ich wusste überhaupt nicht, ob um diese Zeit noch eine Fähre gehen würde, aber dachte, wenn nicht, guckst Du eben etwas aufs Wasser und drehst dann wieder um.
Aber der Zufall wollte es so, dass die Fähre am Anleger stand, kurz vor dem Ablegen.
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Also nicht lange zögern, und rauf mit dem Prinzen aufs Schiff!

Um diese Zeit war wenig los, und die Überfahrt im Abendlicht Balsam für meine gepeinigte Seele.
Wenn ich mit dem Dr. auf der Fähre war, hab ich irrigerweise oft gedacht, dass würde ich mich mit dem schwarzen Prinzen nicht trauen,
aber da gibt es nix zu trauen, das war Stuss, es war einfach nur schön.

Nach dieser Tour hab ich wieder etwas Wind unter den Flügeln.
Vielleicht hält das Leben ja doch noch gute Zeiten für mich auf Lager?!

Missing my baby

Ich weiß nicht, wie oft der Dr. heute schon den Satz:“ Ich vermisse meinen Porsche“ gehört hat.
Ein fieses Gefühl, so ein Ziehen der Sehnsucht in der Brust…seufz.
Nachmittags liegt der Dr. ganzkörpergelähmt auf der Couch und ich ziehe mit dem
Boxster los.

Am Hof meines Nachbarn halte ich an und frage den alten Bauern, ob er Lust auf eine Tour hat. Er sagt, er könne leider nicht und gibt später zu, dass er wegen meiner „rasanten“ Fahrweise doch Bedenken habe, zu mir in den Porsche zu steigen…
Empörend. Also sind der Boxster und ich alleine.

Im Radio läuft „50 ways to say good bye“ von Train.
Ich liebe dieses Lied, der Text ist SO witzig.
Das Dach ist offen, ich prügle den Boxster durch die Kurven und singe so laut mit, dass die Kühe auf ihrer Wiese irritiert zu der Irren im Auto herüber sehen.

Natürlich braucht meine arme Seele einen Umweg.
Ich fahre die schöne Kurvenstrecke von „The long way home“.
Langsam wird meine Porsche-entzügige Pein kleiner.
„She´ll think I´m superman. Not super minivan“ hahaha, großartig!

Nach der Fahrt fühle ich mich wie nach gutem Sex.
Besser als vorher, aber es ist auch völlig klar, dass ich schon bald eine Wiederholung wollen werde.
Im Idealfall allerdings mit dem Richtigen.
Dem schwarzen Porsche-Prinzen, der so weit von mir weg in meiner Garage auf mich wartet.

Mal wieder auf der Flucht

Mein Nachbar hat wieder die Schwarzarbeiter im Garten.
Sie kommen nach Feierabend, zeitgleich mit meinem Ruhebedürfnis und werfen die Kreissäge an. Oder die Flex, oder den Betonmischer.

Mein Nachbar arbeitet bei der Stadt, da darf man das sicher, das mit der Steuerhinterziehung.
Freundschafsdienst von den Kollegen aus dem Finanzamt, oder so.

Das war letzten Sommer genau so. Abend, warm, draußen sitzen geht nicht.
Dafür hat er aber jetzt eine töfte Wellnesslandschaft mit riesigem überdachten Pool und original Jacuzzi.

Ich schließe die Tür zum Garten und murmele ein paar böse Flüche.
Dann greife ich mir den Porscheschlüssel und lasse den Wellnessblödmann und die Siedlung, in der ich wohne hinter mir.

Ich muss grinsend an meinen Porschefreund denken. Der hat meinen Porsche ja schon einmal als meinen Fluchtwagen bezeichnet.
Mein Porschefreund ist klug.
Er ist tatsächlich oft mein Fluchtwagen.
Vor allen Härten des Lebens.

Non est ad astra mollis e terris via.
Aber ein Porsche verkürzt den Weg, höhö.

Nach wenigen hundert Metern ist meine Stimmung saniert. Ich fahre über Land, typische niederrheinische Landschaft. Links Kartoffelacker, rechts Zuckerrüben.
Eine entspannte Tour, Balsam für ramponierte Nerven.

Ein Fasanenmädchen steht mitten auf der Straße, ich bremse den 11er ab und schalte für den Biker hinter mir das Warnblinklicht an.
Dann hebt sie ab und wir können durch.

Per Handy meldet der Dr. Feierabend im Krankenhaus.
Meine Frage, ob er noch Lust habe zu fahren, beantwortet er erwartungsgemäß mit ja.
Ich glaube, wenn dieser Mann einmal keine Lust zum Porschefahren hat, muss man mit seinem baldigen Ableben rechnen.

Wir verabreden uns bei mir, ich stelle die schwarze Schönheit knisternd in die Garage.
Ein letzter liebevoller Blick und dann senkt sich das Tor.
Kurz darauf rollt der Boxster in die Straße und ich erkläre, dass ich noch Lust habe, zu fahren.
Der gutmütige Doktor wechselt auf den Beifahrersitz, ich belohne ihn mit einem Stück Kuchen, den ich heute gebacken habe.

Es gelingt mir, den Boxster zurück zu setzen, ohne ihn abzuwürgen und nach einer Weile finde ich den Schleifpunkt, der ungewöhnlich weit hinten liegt, immer leichter.
Wir gehen ein Stück spazieren (ein sicheres Zeichen, dass man alt wird, dieses abendliche Spazierengeh-Bedürfnis, schlimm, schlimm…)

Dann fährt er zurück und wir verabschieden uns zügig, weil beide müde sind.
Abende mit Porsche sind irgendwie immer gute Abende.

Kontrastprogramm

Den Tag über habe ich mich mit wichtigen, aber letzlich unerfreulichen Themen befasst. Wie unerfreulich, merke ich erst ein paar Stunden später.

Es ging um Aggressionen und Gewalt.
Kurz nachdem ich nach Hause komme, bringt mir Dr. Boxster etwas vorbei, und weil das Wetter schön ist, beschließen wir, eine Tour zu machen.

Anfangs sitze ich noch mit einem leicht zerrissenen Gefühl im Auto. Nach einigen Kilometern merke ich dann, wie das Leben sich wieder leichter anfühlt.

Die Sonne scheint, und als wir über Land fahren, habe ich das Gefühl, das hohe Gras an den Feldrändern fast mit der Hand greifen zu können.
Es sieht wunderbar aus, wenn der Wind die Halme bewegt, sie gleichförmig wogen und dabei farblich leicht changieren.

Weil Dr. Boxster weiß, wie gerne ich auf den Touren Fähre fahre, nehmen wir auf dem Rückweg das Schiff über den Rhein.
Vielleicht sind es frühe Jugenderinnerungen, aber ich finde das Übersetzen immer großartig.

Das Licht gegen Abend erinnert mich an das Licht im Sommer am Meer.

Genau wie wir die Hälse recken, wenn andere Porsches an uns vorbei fahren, kassieren wir von den Entgegenkommenden auch eine Menge Blicke.
Ein Porsche ist vermutlich nie ein Auto, das man unauffällig bewegt.

Zum Glück hat der Boxsterbesitzer ein deutlich entspannteres Verhältnis zu seinem Fahrzeug als ich und das ermöglicht uns das Parken in der Innenstadt mit Besuch beim Türken.
Satt und wohlbalanciert steige ich an diesem Abend aus dem Auto.

Morgen ist allerdings die schwarze Schönheit wieder dran. Ich freue mich jetzt schon. Jeder Porsche zu seiner Zeit.

 

Die Feste feiern, wie sie fallen

Noch so ein schöner, sonniger Tag in diesem Frühling, in dem sich ganz Deutschland so sehr nach solchen Tagen sehnt.

Und morgen soll es schon wieder vorbei sein.
Die Wettervorhersage kündigt für den kommenden Feiertag und das Wochenende viele Schauer an.

Nachdem wir unser Tagewerk beendet haben, das auf unterschiedliche Art darin besteht, dass wir uns um andere Leute kümmern, brechen der Boxsterbesitzer und ich spontan zu einer neuen Tour auf.

Eine Viertelstunde nachdem der letzte von uns Feierabend hat, sind wir auch schon unterwegs.

Ich bin beruflich 250 Kilometer gefahren, immer mit leichtem Zeitdruck, da ist es wunderbar, auf den Beifahrersitz zu wechseln.
Nur ganz kurz, zwischendruch, hätte ich auch Lust, selber zu fahren.

Ich habe keine Ahnung, wie es dem Mann am Steuer geht, aber bei mir klappt es auch heute wieder. Wir fahren, und alles ist gut.

Unser Ziel ist ein Park, ein Ort, den ich seit dem Kindergartenalter kenne und mag.

An solchen Abenden scheint es, als läge alles Schlechte weit in der Vergangenheit und man wünscht sich, sie würden nie enden.

Dieses Gefühl kenne ich aus meiner Jugend.
Momente so intensiv zu genießen, so viel im Auto unterwegs zu sein, einträchtig die Fahrt und die Musik zu genießen, gar nicht viel zu reden, höchstens ab und zu einen Scherz oder den Hinweis darauf, wie schön der Himmel in der zunehmenden Dämmerung aussieht.

Eine Sünde, eine solche Gelegenheit nicht zu nutzen. Man muss die Fahrten, die das Leben einem ermöglicht, machen.

Manche macht man alleine, mit seinem Porsche. Auch die haben ihre ganz eigene Qualität.

Glück zu teilen, gemeinsam im Hedonismus zu baden, jemanden zu haben, der dieselben Dinge genießt, das ist etwas, das vermutlich nicht alle Menschen haben, in deren Garagen ein Porsche steht.
Counting my blessings…