Der liebe Gott sieht alles

Es ist heiß.
32 Grad.
Der Himmel ist ganz blass vor lauter Hitze.
Am Anfang war der Elfer noch angenehm kühl aus der Garage gerollt.
Während ich mich durch den Stau bei Köln in die Eifel quäle, durchdringt die Sonne unangenehm die schräge Windschutzscheibe.

Auch die Höhenmeter bringen wenig, selbst auf dem Berg sind es noch 28 Grad.
Bevor ich den allerdings erreiche, heißt es Platz machen, für eine Gruppe Märtyrer.
prozession1
prozession
Sie wandern bei diesen Temperaturen, mitten auf der Straße, singen fromme Lieder und haben den Pastor gleich mitgebracht, damit er ihnen die letzte Ölung verpassen kann, wenn sie der Hitzschlag dahinrafft.

Zuhause marschieren die Schützen, hier die Christen.
Der Elfer und ich warten am Straßenrand.
Wenn man Prozessanten (nennt man die so?) überrollt, kommt man nämlich auf dem kürzesten Weg in die Hölle.
Kirchen und Vereine dürfen in Deutschland alles.

Wenn man sich besonders quält, ist die Vergebung für die Sünden, bei denen man es vorher hat ordentlich krachen lassen, quasi garantiert.
Es kann also gar nicht heiß genug sein, für die Wanderung ins Himmelreich!
Einer aus der Gruppe hat aber garantiert während der Prozession unkeusche Gedanken.

Ein kleiner Junge, der in einem Planwagen mitfährt, bekommt einen ganz verzückten Blick, als er den Carrera sieht.
Zack! Gesündigt.
„Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.“

Vermutlich noch nicht mal in der Schule und schon gegen ein Gebot verstoßen.
Ich kann ihn gut verstehen, ich begehre auch dauernd Autos anderer Leute.
Zum Glück bin ich Heidin und muss dafür nicht wandern, sondern kann meinen sündigen Po genüsslich im Sportsitz ruhen lassen, die Klimaanlage auf angehnehme 20 Grad eingestellt.